5. Erste Erfahrungswerte

5.1. Testverfahren zur Wissensüberprüfung

Das Spiel soll pädagogischen Nutzen haben. Es soll den Schülern helfen, Wissen zu erlangen und zu vertiefen. Bei einem Spiel kann man nur schwerlich Noten vergeben und die Überprüfung des Spielerfolges stellt sich nicht direkt ein. Wie kann man überprüfen, ob dieses Spiel überhaupt seinem Sinn und Zweck gerecht wird und die Schüler vom Einsatz dieses Spiels profitieren? Es muss ein Testverfahren sein, welches das Wissen vor und nach dem Spiel in gleicher Weise überprüft.

Ich überlegte mir, dass ich einen Kurztest über das Wissensgebiet von den Schülern, die im Anschluss das Spiel kennen lernen werden, schreiben lasse. Dieser Kurztest besteht aus Fragen, die aus dem unmittelbaren Themenbereich des Kartensatzes „Der Jugendliche in unserer Rechtsordnung“ gestellt werden. Meine Probanten sind 5 Schüler/-innen der 9. Klasse der Realschule in Hof und Mitglieder in einer Studienkreisgruppe, die nicht an der Entwicklung des Spieles beteiligt waren.

Diesen Kurztest werde ich korrigieren und bepunkten – ein Punkt für jede richtige Antwort. Der Test umfasst insgesamt 20 Fragen. Diesen Test werde ich nicht herausgeben, sondern erst einmal nur erfassen. Die Schüler sollen dann im Anschluss daran, das Spiel einmal komplett durchspielen und danach noch einmal die Testfragen gesondert beantworten. Diese beiden Testwerte – Ausgangstest und Endtest – werde ich gegenüberstellen um so einen Überblick bekommen, ob Wissen aus dem Themengebiet erweitert bzw. gefestigt wurde. Dieses Testverfahren erscheint mir sinnvoll und als einzige objektive Leistungserfassung durchführbar.

Ausgangstest -> Spiel -> Endtest -> Vergleich und Auswertung

Folgende Testfragen habe ich für die Analyse ausgewählt:


Studienkreis Hof

Wissenskontrolle über das Stoffgebiet „Der Jugendliche in unserer Rechtsordnung“ / WIR 8.4 – Realschule II

Erfassung zur Zulassungsarbeit von Andrea Ritter – Entwicklung eines Brettspieles

A) Kreuze die jeweils richtige Antwort an.

JA

NEIN

1.

Dirk wird morgen 18 Jahre alt und erwirbt eine Playstation, die er sich schon lange gewünscht hat, seine Eltern ihm aber nicht erlaubten. Seine Mutter bringt das Gerät zurück zu dem Händler. Bekommt sie das Geld zurück?

2.

Ist BGB die Abkürzung für „Bundesdeutsche Gesetzgebung“?

3.

Der 5-jährige Stefan bekommt von seiner Oma 20,- Euro geschenkt. Als er mit seinem 9-jährigen Bruder in der Stadt ist, möchte er sich ein Spielzeugauto kaufen. Die Verkäuferin schickt ihn ohne Auto wieder heim. Ist sie im Recht?

4.

Die Eltern der 16-jährigen Susanne zwingen sie, aus der Kirche auszutreten. Dürfen die Eltern das entscheiden?

5.

Stefanie, 15 Jahre, möchte ihr Testament verfassen. Wird es rechtsgültig werden?

6.

Alina, 6 Jahre, verkündet, dass sie in 12 Jahren Gemeinderätin ist. Wäre das überhaupt möglich?

7.

Die Eltern von Cerhad sind beide türkische Staatsbürger. Sie leben in Deutschland und möchten für ihren Sohn die deutsche Staatsbürgerschaft. Wird Cerhad diese bekommen?

 

 

8.

Zwei 17-jährige Jugendliche wollen heiraten. Wird diese Ehe geschlossen?

9.

Stefan Ritter und Kerstin Knoll sind verheiratet. Ihr Kind soll den Namen Daniela Knoll-Ritter führen. Wird dieser Name für das Kind genehmigt werden?

10.

Glück und Leid in der Familie. Gestern ist Sabrina auf die Welt gekommen, heute stirbt ihr Onkel Norbert. Er hat testamentarisch verfügt, dass sein Sparbuch an seine Nichte übergeht. Wird Sabrina dieses Sparbuch erben können?


B) Schreibe die Lösung der Frage auf.

1.

In welcher Form muss ein Testament abgefasst werden?

2.

Wo hinterlegt ein Notar ein Testament zur Verwahrung?

3.

Der 16-jährige Thomas hat eine Straftat begangen und muss 100 Stunden Sozialarbeit ableisten. Nach welchem Recht wurde er bestraft?

4.

In welchem Gesetz ist das Elternrecht verankert?

5.

Wie nennt man das Geld, welches Eltern für ihre Kinder vom Staat bekommen?

6.

Was tut der Staat dafür, dass Mütter ihre Kinder in den ersten Jahren selber groß ziehen können?

7.

Was ist eine Zugewinngemeinschaft bei Eheleuten?

8.

Welches Gesetz regelt die Altersgrenzen für den Kauf von Alkohol und Tabak?

9.

Wie lange darf man sich als 17-jähriger allein in Diskotheken aufhalten?

10.

Obwohl ich meinem Sohn nichts vererben möchte, wird er einen Teil meines Vermögens bekommen. Wie nennt man diese Absicherung?

Die Fragen sind alle direkt dem Themenbereich entnommen, entsprechen allerdings nicht den gestellten Fragen im Spiel.

Die Schüler erreichen folgende Ergebnisse (max. 20 Punkte):

Schüler 1 12 Punkte
Schüler 2 5 Punkte
Schüler 3 6 Punkte
Schüler 4 14 Punkte
Schüler 5 6 Punkte

Das Spiel wurde direkt danach begonnen.

Die Spielzeit betrug insgesamt 40 Minuten und es wurden alle Fragenkarten durchgespielt; eine Fragenkarte wurde ein zweites Mal in das Spiel gebracht. Gewinner des Spiels war interessanterweise nicht derjenige, der die meisten Fragen richtig beantwortet hatte, sondern ein Schüler, der lange Zeit seine Spielsteine nicht auf das Spielfeld bringen konnte. Die Fragen und die Antworten wurden immer laut vorgelesen und von den insgesamt gestellten 37 Fragen wurden 22 auf Anhieb richtig beantwortet.


Spiel im Einsatz beim Auswertungstest

Im Anschluss an das Spiel teilte ich die Fragen des Ausgangstestes ein weiteres Mal aus. Ich bat die Schüler den Bogen noch einmal gewissenhaft auszufüllen und bei mir abzugeben.

 

5.2.Mathematische Auswertung des Testes

Der Wert des Ausgangstestes wurde dem Wert des Endtestes gegenüber gestellt und verglichen. Die maximale Punktzahl bei den beiden identischen Tests betrug 20 Punkte.

Ausgangswert

Endwert

Schüler 1

12

15

Schüler 2

5

8

Schüler 3

6

12

Schüler 4

14

18

Schüler 5

6

8

Als Graphik lässt sich das folgendermaßen darstellen:

Die Schüler verbessern sich im Durchschnitt um 3,6 Punkte. Ein Schüler steigert seine Leistung sogar um 6 Punkte und hebt so den Durchschnittswert an.

Die durchschnittliche Ausgangstestpunktzahl lag bei 8,6 Punkten, die durch-schnittliche Endtestpunktzahl lag bei 12,2 Punkten. Dies entspricht einer Verbesserung von 41,86%. Dieses Ergebnis ist in meinen Augen sehr respektabel und zeigt den Erfolg des Spieles, Wissen zu erlangen und zu vertiefen.

 

5.3. Didaktische Auswertung des Testes

Wissensvermittlung? Wissensvertiefung? Wo ist der Einsatz von diesem Spiel im Unterricht am wertvollsten?

Der Stoff wurde im Vorfeld ausführlich behandelt und sollte von den Schülern gelernt worden sein. Einige Begriffe stellen Grundwissen dar, die für die Schüler auch im weiteren Schulleben und Arbeitsleben verfügbar sein sollten. Der Testlauf fand mit Schülern statt, die dieses Stoffgebiet am Ende des vergangenen Schuljahres durchgenommen hatten.

Der Ausgangstest lieferte keine befriedigenden Ergebnisse. Einzelne Fragen konnten gelöst werden, aber mit einem Durchschnittsprozentsatz von 43% blieb die Beantwortung unter der magischen 50% - Grenze, die man hätte erwarten können. Das Stoffgebiet wurde behandelt, das verbleibende Wissen der Schüler darüber, zeigt sich doch eher enttäuschend.

Es bleibt die Frage offen, warum dieses Themengebiet die Schüler an und für sich kaum anspricht bzw. nicht im Gedächtnis behalten wird. Man kann die These aufstellen, dass die Schüler das Fach Wirtschaft und Recht nicht mit der Konzentration betrachten, das es aufgrund der Themen verdienen würde. Das Klientel in der 8. Jahrgangsstufe der bayerischen Realschule ist im Altersbereich zwischen 14 und 16 Jahren und die meisten von ihnen befinden sich mitten in der Pubertät. Kennzeichnend für das Verhalten in dieser Entwicklungsstufe ist, dass die Jugendlichen ihre eigene Persönlichkeit finden wollen und oftmals die Schule keine so wichtige Rolle spielt. Das alles können Gründe sein, aber es liegt an uns Lehrern, wie wir dem entgegenwirken können und auch versuchen, die Inhalte des Unterrichtsstoffes so zu vermitteln, dass die Schüler Interesse an dem Fach zeigen.

Der Einsatz von handlungsorientiertem Unterricht kann ein Mittel sein um den entgegen zu wirken. Man muss als Lehrer die Gradwanderung zwischen den differenten Unterrichtsstilen finden und so einen Grundstock an Wissen an die Schüler weiterzugeben. Das Spiel kann eine Möglichkeit sein, ist aber nur ein Beispiel für die vielfältigen Möglichkeiten, die gerade dieses Fach bietet.

Diese Gedanken führten dazu, dass ich den Einsatz des Spiels und die daraus resultierenden Ergebnisse doch mit großer Anspannung erwartete.

Den Schüler der Testgruppe wurde das Spiel zur Verfügung gestellt. Den Spielablauf erläuterte ich in groben Zügen und verwies auf die beiliegenden Spielregeln.

Während des Spiels war die Gruppe sehr engagiert und konzentriert. Die Fragen erwiesen sich durchaus als lösbar, und bei den Antworten wurden, ohne mein Zutun, immer die Erklärungen mit vorgelesen.

Die Unterrichtslautstärke war im normalen, akzeptablen Bereich und die Begeisterung teilweise sehr ansteckend. Den Spielablauf kann man als befriedigend betrachten. Auffallend war, dass die Schüler bei zwei Fragen direkt bei mir nachfragten und so über das Spiel hinaus, Interesse an der Thematik zeigten.


Der fertig gestaltete und ausgeführte Karton des Brettspieles „Schlauerpower“